Klima ist Wandel
...genauso wie das Wetter. Beides gehört zusammen und ist dennoch nicht das Gleiche. Wetter beschreibt den augenblicklichen Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort. Ist es bewölkt? Scheint die Sonne? Welche Temperatur herrscht gerade? Woher weht der Wind und wie stark? Und so weiter. Wetter kennt jeder, es ist einfach wahrzunehmen. Auch die Änderungen wirken sich unmittelbar aus. Ein plötzlicher Schauer kann den Grillabend vermiesen, eine Abkühlung im Hochsommer willkommen sein. Kurz und gut: Wetter erleben wir jetzt und nehmen tägliche Änderungen, wenn sie deutlich genug sind, wahr.
Beim Klima ist das anders. Auch das Klima macht einen stetigen Wandel durch, nur viel viel langsamer. Es beschreibt den Rahmen, den das Wetter eines Ortes, einer Region ausfüllen kann. Innerhalb dieses Rahmens, beispielsweise der Temperatur, ist alles "normal". Wie groß dieser Rahmen ist hängt von der Dauer der Wetterbeobachtung ab. Je größer die Dauer, desto mehr Erfahrung kann gesammelt werden, welche Ereignisse an einem Ort immer wieder oder nur selten auftreten. International hat man sich auf einen 30jährigen Beobachtungszeitraum geeinigt, um das Klima eines Ortes zu beschreiben. So ist Klima im Grunde das Mittel allen Wetters innerhalb dieses festgelegten Zeitraums. Aus Messwerten werden Mittelwerte auf die man sich beziehen kann, um eine Aussage darüber zu treffen, ob ein Monat vielleicht eher trocken oder nass ist, kalt oder warm, trübe oder sonnig.
Eine besondere Rolle spielen die Extremwerte. Sie sprengen oft den Rahmen, den 30 Jahre vorgeben. Manche fallen so sehr aus diesem, dass man im Laufe einer hundertjährigen Wetterbeobachtungsreihe feststellen muss, dass gewisse Zustände Jahrhundertereignisse sind, also schätzungsweise nur 1x in 100 Jahren stattfinden. Hier gilt es allerdings zu bedenken, dass dies weder für die Zeit vor Beginn der Wetteraufzeichnung noch für die Zukunft gelten muss. Niemand weiß, wie oft ein Jahrhunderereignis innerhalb von 1000 Jahren stattgefunden hat, 10x oder nur 1x? Bei Letzterem wäre es ein Jahrtausendereignis.
Hier verlassen wir allerdings dann schon den Bereich, den man als "Klima eines Ortes" bezeichnen kann, denn innerhalb von 1000 Jahren kann viel passieren. So erlebten wir innerhalb der vergangenen 2000 Jahren mehrere Warm- und Kaltzeiten, bezogen auf heute. Es war also schon mal warm wie heute oder auch kälter, wie in der sogenannten "Kleinen Eiszeit" von etwa 1500 bis 1850. Hätte man innerhalb dieser Zeit mit heute moderner Wetterüberwachung begonnen, dann hätten wir diese Zeit möglicherweise als "normal" eingestuft und im 19. Jahrhundert eine rasche Erwärmung festgestellt.
Wenn wir den Zeitraum weiter ausdehnen und Jahrzehntausende betrachten wird deutlich: Der Rahmen ist noch viel größer als wir es in einem Menschenleben oder dem Bestand eines Landes oder Reiches (wie die des Römischen Reiches) erleben können. So wäre die Besiedelung Europa vor mehr als 10.000 Jahren nicht möglich gewesen, es herrschte globale Eiszeit, und unsere nordeuropäischen Gletscher erreichten die Mitte des Kontinents, begruben ihn unter hunderte, im Norden tausende Meter dickem Eis. Das heutige Grönland gibt eine Vorstellung davon. Am Südrand dieser Eiswüste herrschte ein Klima wie wir es heute aus der sibirischen Tundra kennen.
Was ist also nun unser "normales" Klima? Fakt ist, dass wir noch immer in einer Eiszeit leben. Wir finden, dass "ewiges" Eis an den beiden Polen "normal" ist. Denn dies beschreibt eine Erd-Eiszeit. Dabei war die Erde im Laufe ihrer Geschichte die meiste Zeit eisfrei, vereiste Polkappen sind also, wenn man so will "unnormal". Ich denke es wird spätestens hier klar, dass es beim Wetter oder Klima kein "normal" gibt, sondern höchstens einen Rahmen, den wir erlebt oder aufgezeichnet haben, selbst abstecken konnten. Offenbar kann dieser Rahmen sehr weit ausgedehnt werden und Vieles was "unnormal" erscheint passt dennoch in diesen hinein.
Beim Wetter wie beim Klima ist es so, dass viele Dinge ineinander greifen, um einen bestimmten Zustand herzustellen. Es ist komplex und wandelbar. Die Komplexität aufzulösen ist nicht möglich aber man kann sie erahnen.
In meinem Vortrag über das Wetter der vergangenen 1000 Jahre auf Rügen versuche ich zu vermitteln, wie groß der Rahmen "des Möglichen" auch bei uns ist. Von Hitzesommern bis hin zu einer im Winter zugefrorenen Ostsee scheint alles "normal" zu sein. Allerdings ist Manches so selten, dass es uns als "ungewöhnlich" erscheint.